Königlich Preußisches 2. Nassauisches Infanterie-Regiment Nr. 88

Von Wolfgang Balzer

Die Vorgeschichte des Regiments geht auf das Jahr 1802 zurück. Bis dahin lag in Biebrich und Wiesbaden je eine Infanteriekompanie des Fürsten Carl Wilhelm von Nassau-Usingen. Eine ebenfalls aus zwei Kompanien bestehende Jägerdivision des Fürsten Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg stand in und bei Weilburg. Im Hinblick auf die unsichere Lage, trotz des gerade erst geschlossenen Friedens von Luneville, entschlossen sich die beiden nassauischen Fürsten zu einer Vergrößerung ihrer Militärkontingente, was ihnen durch den Zuwachs rechts-rheinischer Gebiete erleichtert wurde.

Aus der Biebricher Kompanie wurde deshalb ein 1. (Leib-)Bataillon, aus derWiesbadener Kompanie ein 4. Bataillon gebildet. Zum 2. Bataillon wurde die Weilburger Jägerdivision erweitert. Hierzu kam das im Frühjahr 1800 errichtete Scheithersche Jägerkorps. Im weiteren Verlauf der Umgruppierungen in jenen unruhigen Zeiten wurde 1808 unter anderem aus dem 4. Bataillon der nassauischen Truppen das 2. Nassauische Infanterie Regiment gegründet, das zunächst aus zwei Bataillonen zu je sechs Kompanien in einer Stärke von 43 Offizieren und 1646 Unteroffizieren und Mannschaften bestand.

Dieses Herzoglich Nassauische 2. Regiment ist der Stamm des späteren »Königlich Preußischen 2. Nassauischen Infanterie Regiments Nr. 88«. Zunächst aber rückte das Regiment im Jahr 1848 aus seiner Garnison Wiesbaden nach Baden aus, wo es sich an der Niederwerfung des revolutionären Aufstandes in Oberbaden beteiligte. 1849 wurde es in Schleswig Holstein gegen die Dänen eingesetzt.

1866 kämpfte es auf der Seite Österreichs, bis es dann als preußisches Infanterieregiment neu formiert und in die damalige deutsche Bundesfestung Luxemburg verlegt wurde. Fulda und Hersfeld waren in der Folgezeit weitere Standorte. Von Hersfeld aus zog es 1870 dann in den Krieg und kämpfte bei Weißenburg, Wörth, Sedan, am 19. Januar 1871 stürmte es am Mont Valdrien bei Paris. Das 1. Bataillon des Regiments zog als erster Truppenteil am 1. März 1871 in Paris ein (zusammen mit der 1. Eskadron des hessischen Husarenregiments Nr. 14).

Am 8. Juli 1871 folgte dann der Einzug in die neue Garnison Mainz. Um 11 Uhr an jenem Tag stand das Regiment, zusammen mit dem Regiment 81, vor dem Gautor. General der Infanterie von Boyen empfing die Brigade, und dann ging es durch die in Flaggenschmuck prangenden Straßen zum Schloßplatz, wo die Truppe vor den Vätern der Stadt defilierte.

Im Jahr 1913 wurde durch Kaiserliche Order König Konstantin von Griechenland zum Chef des Regiments ernannt und damit dem Regiment das »K« mit Krone verliehen. Besonders bekannt war es in Mainz auch durch seine Regimentskapelle unter der Stabführung von Obermusikmeister Jung.

Im August 1914 zog das Regiment aus der Elisabethen-Kaserne an der Goldgrube in den Krieg. Einsatzorte waren Longlier in der Marneschlacht, dann an der galizischeu Ostfront, schließlich wieder an der Westfront in Nordfrankreich, in den Vogesen und in der Champagne. Vom 25. Mai bis 17. Juli 1916 fand man das Regiment bei Kämpfen vor Verdun. Dem Gefecht an der Somme vom 24. August bis 10. September 1916 folgten Stellungskämpfe bei Reims und Lens. Am 9. November 1918 verkündete der Reichskanzler Prinz Max von Baden die Abdankung des Kaisers, der nach Holland ging. Die Rückführung der Truppen in die Heimat begann am 12. November 1918. Das Regiment traf am 22. November in Aachen ein. Dort nahm die Entlassung der Mannschaften ihren Anfang. Der Rest fuhr mit der Bahn nach Mettmann.

Am 1. Dezember wurde das I. Bataillon, am 15. Dezember (in Recklinghausen) das Il. Bataillon aufgelöst. Die verbliebenen Truppenteile wurden nach Bad Orb transportiert. In Auswirkung der Waffenstillstandsbedingungen durfte das I. R. 88 nicht in seine Friedensgarnison nach Mainz zurückkehren. Auch in Hanau, wo das 11. Bataillon vor dem Kriege seinen Standort hatte, war keine Möglichkeit zur Unterbringung.

Die totale Demobilmachung erfolgte am 10. Januar 1919. Durch Verfügung des Reichswehrministeriums vom 7. Juli 1921 wurden »Währung und Pflege der Tradition« des Regimentes der 14. Kompanie des Reichswehr-Infanterie Regiments 15 in Marburg übertragen. Das Ersatzbataillon verließ als letzte deutsche Truppe Ende 1918 Mainz. Mitten im Grüngürtel der Stadt, gegenüber dem St.Vinzenz-Krankenhaus, steht ein schlichter Rotsandstein-Block, bekrönt von einem auf Eichenlaub ruhenden Stahlhelm. Die Vorderseite des Denkmals zeigt zwischen den Zahlen 1808 und 1919 ein »K« mit darüberstehender Krone, darunter eine Inschrift.

Über 40 Friedensjahre lang hatte das Regiment in Mainz in Gamison gestanden. Zum 130. Geburtstag des Regiments veranstaltete der »Bund ehemaliger 88er« am 8. und 9. Mai 1937 in Mainz eine Wiedersehensfeier mit einem Begrüßungsabend in der Stadthalle, einer Toten-Ehrung am Denkmal und einem Militärkonzert im »Brauhauskeller zum Rad« am Kästrich.

Empfohlene Zitierweise

Balzer, Wolfgang: Königlich Preußisches 2. Nassauisches Infanterie-Regiment Nr. 88. In: festung-mainz.de [24.11.2007], URL: <http://www.festung-mainz.net/bibliothek/aufsaetze/regimentsgeschichte/88er.html>
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