Das Fort Biehler

von Peter Klein

Die Überreste des Fort Biehlers liegen heute nicht zugänglich auf einem Übungsplatz des Katastrophenschutzes.

Nach zweijährigen Planungen entstand zwischen 1880-1884 auf dem Petersberg links der Chaussee Kastel-Erbenheim, der heutigen Boelkestraße, der einzige Neubau eines Außenforts der Festung Mainz nach der Reichsgründung 1871. Im Jahr 1885 verlieh man ihm mit "Allerhöchster Königlicher Order" den Namen des langjährigen Chefs des Ingenieurkorps und des General-Inspekteurs der Festungen, Alexis von Biehler (1818-1886).

Biehler diente von 1863-1865 als Genie-Direktor in der damaligen Bundesfestung Mainz. Nach der Reichsgründung war er als Chef des Ingenieurkorps von 1873-1884 verantwortlich für den Aus- und Neubau der deutschen Festungen und prägte diesen entscheidend. Der Typus des deutschen Einheitsfort, d.h. eines selbständigen Festungswerkes, welches sowohl die Mittel des Fernkampfes, nämlich die weittragende Artillerie, wie die des Nahkampfes, also Infanterie und leichte Geschütze, in sich vereinigt, ist eng mit seiner Person verknüpft.

Zweiter Entwurf des Fort Biehlers vom 10. April 1979 [Sta Mz BPS, M14/7]

Forts dieser Bauart, auch als Artillerie- oder Schemaforts bezeichnet, umgaben als Gürtelforts große Festungen wie Straßburg, Metz, Köln, Ingolstadt, Königsberg, Posen und Thorn. Bei anderen Festungen wie Küstrin, Spandau, Ulm oder eben Mainz verhinderte die Einführung chemischer Sprengstoffe als Granatfüllung, die sogenannte Brisanzgranatenkrise, den ursprünglich vorgesehenen großen Ausbau und es blieb bei Einzelbauten.

Das Fort Biehler war eines der letzten in Deutschland gebauten Einheitsforts und stellt in etwa den letzten Entwicklungsstand dieser Art von Festungswerk in Deutschland dar. Durch die Brisanzkrise wurde es kurz nach Schlüsselübergabe weitgehend entwertet. Anders als in den wichtigeren Grenzfestungen und auch der viel älteren Forts auf dem für die Festung Mainz bedeutenderen linken Rheinufer unterblieben bei Fort Biehler Verstärkungsmaßnahmen, die es gegen die Wirkung der neuen Geschosse hätten widerstandsfähig machen können.

Rechter Hof des Fort Biehler [Sammlung Peter Klein]

Es dämmerte in einer Art Dornröschenschlaf, lediglich als Kaserne genutzt, bis nach der Jahrhundertwende in Mainz das Pionier-Bataillon 25 neu aufgestellt wurde. Dessen Landübungsplatz wurde neben dem Fort eingerichtet und ein Teil des Forts zum Sturmübungswerk umgebaut. Während des Ersten Weltkrieges wurde im und am Fort Ersatz für die Front ausgebildet. 1916 richtete eine Explosion im Eingangsbereich Schäden an, die nur provisorisch ausgebessert wurden.

Nach dem Waffenstillstand besetzten französische Truppen 1918 das Fort und blieben dort bis 1927. Mit dem Abzug erging der Befehl zur Schleifung der Anlage, die im März des Jahres begann und etwa im August abgeschlossen wurde. Wesentliche Teile blieben jedoch damals erhalten, sogar mehr, als man heute noch in Köln vorfindet.

In den 30er Jahren wurde dann neben dem Fort die heutige Siedlung "Fort Biehler" errichtet. Als Baumaterial diente im Wesentlichen die verbliebene Substanz des Forts. Doch auch nach Abschluss dieser weiteren Abbrucharbeiten war vom Fort noch mehr sichtbar, als heute.

Zwischen der Wiederbesetzung des Rheinlandes 1936 und dem Ende des Zweiten Weltkriegs war das Fort erneut militärisch besetzt und diente wiederum als Übungsgelände. In den 50er Jahren füllte man den Kehlgraben mit Trümmerschutt auf, weshalb heute der Rest der zweistöckigen Kehlkaserne unsichtbar unter der Erde liegt. Große Teile der linken Front-Kaserne, ein Stück des Haupthohlgangs und ein Rest des linken Flankenwalles zeugen heute noch vom ehemaligen Fort, das aufgrund seiner isolierten Lage so etwas wie der weiße Elefant der Festung Mainz gewesen war.

Empfohlene Zitierweise

Klein, Peter: Das Fort Biehler. In: festung-mainz.de [01.10.2005], URL: <http://www.festung-mainz.de/festung/fort-biehler.html>

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Literatur

Klein, Peter; Lacoste, Werner: Fort-Biehler. Ein Festungswerk zwischen Mainz, Kastel und Wiesbaden. Wiesbaden 2005.