Das Gonsenheimer Tor

Der restaurierte Mauerzug des Gonsenheimer Tores neben dem SWR

Auf dem ehemals sumpfigen und weitgehend unbebauten Gartenfeld wurde ab 1872 die heutige Neustadt angelegt. Dazu wurde die nordwestliche bastionäre Front aufgelassen - auf der sich heute die Kaiserstraße erstreckt. Allerdings musste die Stadt Mainz um die Neustadt herum einen neuen Wall errichten lassen - für 4 Millionen Gulden. Das war die teure Auflage des Festungsgouvernements für die Zustimmung zur Stadterweiterung gewesen.

Zu diesem "Rheingauwall" gehörte auch das Gonsenheimer Tor. Es befand sich zwischen dem Kavalier "Prinz Holstein" (heute noch vorhanden) und dem Kavalier "Judensand" und verband die Stadt mit dem Umland. Das Tor verfügte über eine große Durchfahrt und einen kleineren Durchgang für Fußgänger. Im Inneren war das Tor zusätzlich durch eine Zugbrücke gesichert. Vor dem Tor führte eine Brücke, die im Kriegsfall abgebrochen werden konnte, über den breiten Graben. Rechts und links der Durchfahrt befanden sich Kasematten, aus deren Schießscharten das Tor verteidigt werden konnte. Im Frieden wurde dort aber auch das Wachpersonal untergebracht. Die gesamte Toranlage war mit einer großen Erdschicht bedeckt und fügte sich nahtlos in den Wall ein.

Schon  kurz nach 1900 wurden allerdings die inneren Festungswerke – und damit auch der Rheingauwall - aufgegeben. Bezeichnenderweise riss man mit dem Rheingauwall den jüngsten Teil der Festung Mainz zuerst ab. So verschwand auch um 1912 das Gonsenheimer Tor. Die alten Wallanlagen wurden durch den weit vor Mainz in Rheinhessen liegenden vierten und letzten Befestigungsring aus Betonbunkern ersetzt.

Die Stadtseite des Gonsenheimer Tores um 1900

Im Februar 2003 entdeckte man auf einer Baustelle neben dem Südwestrundfunk (SWR) einige Überreste des Gonsenheimer Tores. Die Archäologen legten einen Mauerteil der Landseite des Tores frei. Dabei handelte es sich um den - vom Feld aus gesehenen - rechten Teil des Gonsenheimer Tores. Seit dem Frühjahr 2007 kann man nun den Mauerzug restauriert und herausgeputzt in unmittelbarer Nachbarschaft zum SWR bewundern (rund 40m vom ehemaligen Standort entfernt). Die gewinkelte Mauer weist insgesamt vier Schießscharten auf. Eine kleine Öffnung darüber diente als Lüftungsschacht. Unmittelbar hinter den Schießscharten lagen Kasematten, die allerdings nach der Ausgrabung nicht erhalten wurden. Der Knick im Mauerzug verhinderte, dass ein toter Winkel entsteht und sorgte dafür, dass das gesamte Vorfeld des Tores beschossen werden konnte. Geschütze hat die Toranlage allerdings nicht beherbergt.

Die heutige Straße "Am Fort Gonsenheim" verläuft exakt durch die alte Tordurchfahrt - sie stimmt also mit dem Straßenverlauf um 1880 überein. Die Straße traf im 19. Jahrhundert an ihrem Ende auf das Fort Gonsenheim, das etwa 1km weiter draußen lag - daher auch der heutige Straßenname.

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